„Don’t ask, don’t tell“ -Leben ohne Kommunikation

Unsere Beziehungen bestehen aus verschiedenen Regeln und Abmachungen. Die meisten Regeln sollen unserem eigenen oder dem Schutz einer oder mehrerer Beziehungen dienen. Die weit verbreitete Regel „Don’t ask, don’t tell“ stellt ein besonderes Beispiel dafür da, wie uns Abmachungen schaden können. Denn auch wenn wir Regeln selten aus böser Absicht heraus aufstellen, verbergen sich doch viele Fallstricke hinter nahezu jeder von ihnen.

„Don’t ask, don’t tell“ beschreibt in der Regel Abmachungen in offenen oder polyamoren Beziehungen. Dem Partner oder der Partnerin ist es in diesem Modell erlaubt, sexuelle oder emotionale Kontakte außerhalb der bestehenden Beziehung aufzubauen. Die Besonderheit: Rede nicht über diese Kontakte. Es wird weder danach gefragt, noch davon erzählt. Dieses Vorgehen birgt jedoch ein großes Potential an Risiken.

Zunächst ein bisschen Geschichte

Der Ausdruck „Don’t ask, don’t tell“ hat seinen Ursprung im amerikanischen Militär. Er stammt aus einer Zeit, in der es Homosexuellen nicht erlaubt war, Militärdienst zu leisten. Um das Verbot zu umgehen, verschwiegen viele Menschen ihre Homosexualität und die Armee fragte nicht weiter nach. Eine inoffizielle Regelung, die – zu Recht – von Anfang an sehr umstritten war und im Jahr 2005 endlich abgeschafft wurde.

Was hat das nun mit Polyamorie zu tun?

Im Zusammenhang mit Polyamorie ist der Ausdruck natürlich ein wenig anders anzuwenden. Es fehlt der systematische Charakter für einen direkten Vergleich. Außerdem haben Beteiligte eine freie(re) Wahl, als es damals die Soldaten hatten. Und doch es gibt gewisse Parallelen.

Wer einen Deckmantel des Schweigens über die Beziehungen eines Partners legt, verschließt sich gegenüber weiten Teilen dessen Lebens. Der einen Seite geht also ein Teil eines geliebten Menschen einfach unausgesprochen verloren. Die andere Seite wiederum ist gezwungen, ihr erlebtes für sich zu behalten. Doch was ist, wenn das Erlebte so schön war, dass ich es teilen möchte? Was ist, wenn das Erlebte schlecht lief und ich eine starke Schulter benötige?

„Don’t ask, don’t tell“ ist ein Vorgehen, dass nahezu dazu prädestiniert dafür ist, dass sich Probleme unbemerkt anhäufen. Oftmals schafft die Abmachung nur einen vermeintlichen Schutz. Wir schieben Fragen weg, die es zu beantworten gilt. Wir ignorieren Unsicherheiten, die es zu klären gibt. Schon manches Paar hat im Schutz dieser Abmachung gelebt und sich in Sicherheit gewähnt. Bis eines Tages die unausgesprochenen Sachen einfach heraus wollen.

Warum leben wir mit einer solchen Regel?

Nun gibt es sicherlich auch Menschen, die lange Zeit auf diese Art und Weise glücklich miteinander leben und das ist vollkommen ok. Es gibt natürlich auch noch weitere Formen, zum Beispiel, nur vom Erlebten zu erzählen, wenn explizit eine Frage gestellt wird. Meistens kann es aber sinnvoll sein, sich zu fragen, warum diese Regel aufgestellt wird.

  • Ist mir egal was die andere Person tut?
  • Tut es mir zu doll weh, davon zu wissen, was mein Partner tut?
  • Möchte ich mich einfach nicht mit dem Thema Polyamorie auseinandersetzen?
  • Mache ich das Ganze vielleicht nur der anderen Person zuliebe?

All diese Fragen können ein klares Warnzeichen sein.

Menschen und Beziehungen ändern sich im Laufe der Zeit. Ein Verbot, über diese Veränderungen zu reden, bringt eine gewaltige Menge an Problemen mit sich. Direkte Kommunikation kann schwer und verletzend sein. Dennoch kann sie eine langfristigere Grundlage für eine glückliche Beziehung bilden.

Ein Kommentar bei „„Don’t ask, don’t tell“ -Leben ohne Kommunikation“

  1. […] gehaltene Partner*innen zu verletzen ist geringer und grundsätzlich ist ein Leben ohne große Geheimnisse meist etwas entspannter. Ein glückliches polyamores Leben bezieht schließlich zu einem gewissen […]

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